Anonym
Verschickungsheim: Westerland auf Sylt
Zeitraum (Jahr): 1961
Welche Arten von Misshandlungen/Missbrauch gab es?: psychische Gewalt
als 7jährige wurde ich für 6 Wochen zur “Kindererholung” an die Nordsee geschickt. Meine Eltern glaubten wohl fest daran, mir auf diese Weise schöne Sommerferien ermöglichen zu können. Die “Tanten” im Heim waren ziemlich spaßbefreit und sehr streng. Grundsätzlich MUSSTE immer aufgegessen werden und man durfte, bevor der Teller nicht leer war, keinen Schluck trinken! Ich wurde beim vorzeitigen Trinken erwischt und wurde dafür an den “Katzentisch” verbannt. Auch war es mir oft nicht möglich, die komplette Mahlzeit aufzuessen. Zur Strafe durfte ich oft nicht mit den anderen Kindern zum Strand sondern wurde für den ganzen Tag ins Bett verbannt. Dort heulte ich mir die Augen aus und einmal habe ich infolge des psychischen Drucks in meiner Verzweiflung ins Bett gemacht. Natürlich hatte ich wegen dieses Vorkommnisses eine höllische Angst vor weiteren Bestrafungen und konnte mich überhaupt nicht mehr beruhigen. Die Putzfrau war mein rettender Engel: sie zeigte mütterliches Mitgefühl, half mir durch schnellen Bettwäschewechsel, dass die “Tanten” von meinem nassen Bett nichts erfuhren, und sie nahm mich tröstend in die Arme. Ich war dieser Frau unendlich dankbar, sie war für mich das einzige Wesen, das Menschlichkeit zeigte!