Sönke Wagner
Verschickungsheim: Heim in Bad Reichenhall?
Zeitraum (Jahr): November 1956
Welche Arten von Misshandlungen/Missbrauch gab es?: beides
Hallo. Ich wurde 1956 von meiner Mutter in Hamburg- Altona am Zug abgegeben und von Schwestern des Roten Kreuzes/Ordensschwestern in Obhut übernommen. Viele von uns schrieen und weinten während der ganzen Fahrt nach Bad Reichenhall. Die Begleitpersonen versuchten uns mit Gewalt zu beruhigen was nicht immer gelang. 6 Wochen war ich dann ohne Kontakt nach Hause in einem mir unbekannten Heim in Bad Reichenhall untergebracht, wo Gewalt und Drangsalierungen an der Tagesordnung waren. Höhepunkt der Gewalt war immer beim gemeinsamen Abendessen, wo eine als Teufel verkleidete Person mit Fusskette,Kugel und Reisigbesen in den Speiseraum kam und die Kinder, die nicht essen- oder nicht aufgegessen haben, mit dem Reisigbesen verprügelt haben. Ein Junge, der sich von dem „Teufel“ losgerissen hatte, brachte den Kübel mit Suppe zum umkippen, der sich über den Fußboden ergoss. Das Ergossene mussten wir alle mit unseren Mündern aufnehmen. Wenn wir das Gerassel der Fusskette und Kugel schon kommen hörten, erstarrten wir! Die Strafen wurden immer heftiger, vor allem im Schlafsaal, wo es mucksmäuschenstill sein musste. Kein Toilettengang war erlaubt, sodass man die ganze Nacht aushalten musste oder ins Bett machte. Daraufhin gab es wieder Strafen jeglicher Art! Diese 6 Wochen waren für mich die Hölle, und das erlebte zog sich wie ein roter Faden durch mein Leben, welches seitdem von Angst und Depressionen beherrscht wurde und wird, seit nunmehr 55 Jahren!