Unter den Tischen zum Toilettenraum gerobbt

Anonym 

Verschickungsheim: WANGEROOGE OLB/VECHTA

Zeitraum (Jahr): 1965-1967

Welche Arten von Misshandlungen/Missbrauch gab es?: beides

Kann mich nicht genau erinnern wann ich, bzw wir meine 1Jahr ältere Schwester mit mir zur Erholung -skur geschickt wurden. Jedenfalls war meine Schwester schon eingeschult und ich stand vor der Einschulung. Bei der Ankunft wurden wir nach Alter in Gruppen getrennt. Meine Schwester in die blaue Gruppe und ich in die grüne Gruppe???Oder umgekehrt???Da ich sehr viel Heimweh hatte und meine Mutter ausdrücklich bei der Übergabe gesagt hat dass wir nicht getrennt werden dürfen, ging für mich die Odysse los. 2Tage konnte ich den Gemeinschaftssaal zum Essen aufsuchen, danach lag ich mit Fieber im Bett und hatte nur noch Heimweh. Das schlimmste waren die Schmalzbrote ich bekam sie nicht runter. Mittlerweile wurde ich immer schwächer und kränker.Ich habe das Reden eingestellt .Als ich ein Paket von der Nachbarin aus unserem Dorf bekam, musste ich alle Süßigkeiten abgeben, nur ein kl.Buch wurde mir ausgehändigt. In der Nacht waren die Toilettengänge untersagt.
Somit habe ich solange gewartet bis die Nonne, auf ihrem großen Stuhl eingeschlafen war. Dann hab ich mich unter die Tische zum Toilettenraum gerobbt. Geschäft erledigt bloß keine Spülung benutzen .Rückweg ins Zimmer wieder ganz leise unter die Tische mit Blick auf die schnarchende Nonne und schnell ins Bett. Mein Trinkverhalten hatte ich von dem Zeitpunkt drastisch eingestellt damit ich ja nicht in der Nacht Pipi machen muss.
Sonntags mussten alle Kinder zur Kirche, ich wurde gefragt welche Konfession ich habe, da ich es zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, wurde ich in die ev. Kirche geschickt. Ich war der Meinung, dort treffe ich meine Schwester wieder. Doch vergebens hielt ich nach ihr Ausschau!! Da ich kath.war,und regelmäßig an Sonntagsmessen teilgenommen hatte, kamen mir die Rituale sehr unbekannt vor und meine Schwester konnte ich auch nicht finden!.
So entwickelte ich immer mehr Krankheitssymptome um nicht mehr aus dem Bett zu müssen. Meine Mutter hatte zwischenzeitlich mehrfach angerufen und nach unserem Befinden gefragt, da hat man ihr erzählt ,wie gut wir uns doch eingelebt hätten.
Als wir endlich nach Hause durften, hat die Nonne mir zur Überfahrt statt Strickjacke ein langärmeliges Unterjäckchen angezogen. Ich protestierte und sagte ihr das ich bitte die blaue Strickjacke anziehen möchte, doch sie ließ sich nicht darauf ein. Auf der Heimreise habe ich mich sehr geschämt und geweint. Für mich war es die Hölle!! Bis heute ein Alptraum.